FOTO: ERNST SELINGER
Idyll auf Zeit: Die Zahl der Universitätsgebäude auf der Lichtwiese wächst, irgendwann wird die TU auf ihr Gelände zwischen Petersenstraße und Darmbach zurückgreifen müssen, das seit 48 Jahren an Kleingärtner verpachtet ist. Ein Blick vom Maschinenbaugebäude über die Gärten in Richtung Vivarium und Botanischem Garten zeigt, welch ein Verlust an Obstbäumen und Gemüsebeeten entstünde, wenn dort gebaut würde.

„Einmal müssen wir weg, das ist klar“

Kleingartenverein Lichtwiese – TU will mittelfristig auf ihrem Gelände bauen – Darmbach-Freilegung kostet auch Gärten

VON EGBERT BRAUN

„ Dass wir hier einmal weg müssen, ist uns eigentlich seit etwa 25 Jahren klar“, sagt Karlheinz Steyer, Vorsitzender des Kleingartenvereins Lichtwiese. „Momentan ist aber nichts akut, gibt es keinen Termin, an dem wir das Gelände räumen müssen.“

Mit der „Gelände“ meint Steyer 150 jeweils rund 300 Quadratmeter große Kleingärten, die nach 48 Jahren – so lange besteht die Anlage – wunderschön grün eingewachsen sind mit vielen Obstbäumen und heimischen Sträuchern wie Pfaffenhut, Haselnuss und Holunder. Und prächtig wachsen Gemüse und Beeren, blühen die Blumen.

Das Gelände, auf dem sich neun Fußballplätze anlegen ließen, gehört jedoch nicht den Gärtnern, sondern ist im Besitz der Technischen Universität und grenzt an deren Campus. Wobei die dort stetig wachsende Zahl der Universitätsgebäude jedem Betrachter unweigerlich klar macht, dass der Zeitpunkt nicht fern sein kann, an dem auch die verpachteten Kleingärten für die Wissenschaft in Anspruch genommen werden müssen.

Aber die Gärtner hoffen. Solange die TU noch Platz hat, auf der Lichtwiese einen Golfplatz für die Studenten herzurichten, werde sie nicht daherkommen und unsere schönen Gärten platt machen, denkt sich Vorsitzender Steyer. Trotzdem bleibt Unsicherheit. Denn das Gelände, auf dem die Sportstudenten den Abschlag üben, liegt nah am Wald. Dort darf man vielleicht gar nicht bauen oder müsste noch ein Stück Wald roden, denkt Steyer. „Wir müssen also immer mit dem Schlimmsten, der Vertreibung, rechnen. Das ist kein gutes Gefühl.“

Umsiedeln möchte die TU auf alle Fälle die zwischen Mathildenplatz und Grafenstraße liegende Materialprüfungsanstalt. Sie passt immer weniger an den Rand des Innenstadtkerns, wäre neben dem Maschinenbaugebäude auf der Lichtwiese viel besser aufgehoben. Genau dort grenzen die Kleingärten an.

 

 

„Das sind langfristige Pläne, und es muss auch Geld für ein solches Projekt da sein“, sagt TU-Pressesprecherin Sabine Gerbaulet. Einen Konflikt mit den Kleingärtnern möchte man auf alle Fälle vermeiden, würde erst handeln, wenn für sie ein gleichwertiges Ersatzgelände gefunden worden sei.

Konkreter sind die Pläne allerdings bei der von der Stadt beabsichtigten Offenlegung des Darmbachs im Bereich der Kleingärten. Das Bächlein fließt in Höhe des Vivariums in einem Kanal unter der nördlichen Spitze der Anlage hindurch. Rund dreißig Gärten gehen verloren, wenn dort der Darmbach ans Tageslicht geholt wird. Der Vorsitzende bezweifelt den ökologischen Sinn der Flussentrohrung. „Was bringt der Natur wohl mehr“, fragt er, „dreißig blühende Insekten umsummte Gärten oder achtzig Meter Bachlauf.“ Allerdings hat die Stadt vor, Bachufer und ehemaliges Gartengelände mit Büschen und Sträuchern standortgerecht zu bepflanzen.

Ein Zeitpunkt für diese Darmbachoperation, die nichts mit der geplanten Offenlegung des Baches ab Woog durch die Innenstadt zu tun hat, steht noch nicht fest. Steyer hat bei der jüngsten Zusammenkunft mit Gründezernent Horst Knechtel, bei der es um die Suche von möglichem Ersatzgelände für die Kleingärtner gegangen ist, den Bürgermeister so verstanden, dass die Kleingärten erst dann für einen im Tageslicht fließenden Darmbach geopfert werden, wenn die TU Anspruch auf das Kleingartengelände erhebt und dort bauen will. Damit in einer gemeinsamen Planung die bestmögliche Gestaltung des Geländes erfolgen könne.

Harald Fink, Pächter einer der Gärten, fordert seinen Vereinsvorstand auf, mehr für den Erhalt der Kleingartenanlage zu kämpfen. „ Solange es für die TU noch so viele Baumöglichkeiten auf der Lichtwiese gibt, sollte gar nicht in Betracht kommen, an das Kleingartengelände als Bauplatz zu denken.“ Fink denkt vor allem an die älteren Kleingärtner. „Wenn die über Sechzigjährigen hier weg müssen, gibt es für sie an einem anderen Platz wohl keinen Neuanfang.“

Quelle: 17.10.02 Darmstädter Echo