VON EGBERT BRAUN
„ Dass wir hier einmal weg müssen,
ist uns eigentlich seit etwa 25 Jahren klar“, sagt
Karlheinz Steyer, Vorsitzender des Kleingartenvereins
Lichtwiese. „Momentan ist aber nichts akut, gibt
es keinen Termin, an dem wir das Gelände räumen
müssen.“
Mit der „Gelände“ meint
Steyer 150 jeweils rund 300 Quadratmeter große
Kleingärten, die nach 48 Jahren – so lange
besteht die Anlage – wunderschön grün
eingewachsen sind mit vielen Obstbäumen und heimischen
Sträuchern wie Pfaffenhut, Haselnuss und Holunder.
Und prächtig wachsen Gemüse und Beeren, blühen
die Blumen.
Das Gelände, auf dem sich neun Fußballplätze
anlegen ließen, gehört jedoch nicht den Gärtnern,
sondern ist im Besitz der Technischen Universität
und grenzt an deren Campus. Wobei die dort stetig wachsende
Zahl der Universitätsgebäude jedem Betrachter
unweigerlich klar macht, dass der Zeitpunkt nicht fern
sein kann, an dem auch die verpachteten Kleingärten
für die Wissenschaft in Anspruch genommen werden
müssen.
Aber die Gärtner hoffen. Solange die
TU noch Platz hat, auf der Lichtwiese einen Golfplatz
für die Studenten herzurichten, werde sie nicht
daherkommen und unsere schönen Gärten platt
machen, denkt sich Vorsitzender Steyer. Trotzdem bleibt
Unsicherheit. Denn das Gelände, auf dem die Sportstudenten
den Abschlag üben, liegt nah am Wald. Dort darf
man vielleicht gar nicht bauen oder müsste noch
ein Stück Wald roden, denkt Steyer. „Wir müssen
also immer mit dem Schlimmsten, der Vertreibung, rechnen.
Das ist kein gutes Gefühl.“
Umsiedeln möchte die TU auf alle Fälle
die zwischen Mathildenplatz und Grafenstraße liegende
Materialprüfungsanstalt. Sie passt immer weniger
an den Rand des Innenstadtkerns, wäre neben dem
Maschinenbaugebäude auf der Lichtwiese viel besser
aufgehoben. Genau dort grenzen die Kleingärten an.
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„Das sind langfristige
Pläne, und es muss auch Geld für ein solches
Projekt da sein“, sagt
TU-Pressesprecherin Sabine Gerbaulet. Einen Konflikt mit
den Kleingärtnern möchte man auf alle Fälle
vermeiden, würde erst handeln, wenn für sie ein
gleichwertiges Ersatzgelände gefunden worden sei.
Konkreter sind die Pläne allerdings
bei der von der Stadt beabsichtigten Offenlegung des
Darmbachs im Bereich der Kleingärten. Das Bächlein
fließt in Höhe des Vivariums in einem Kanal
unter der nördlichen Spitze der Anlage hindurch.
Rund dreißig Gärten gehen verloren, wenn dort
der Darmbach ans Tageslicht geholt wird. Der Vorsitzende
bezweifelt den ökologischen Sinn der Flussentrohrung. „Was
bringt der Natur wohl mehr“, fragt er, „dreißig
blühende Insekten umsummte Gärten oder achtzig
Meter Bachlauf.“ Allerdings hat die Stadt vor,
Bachufer und ehemaliges Gartengelände mit Büschen
und Sträuchern standortgerecht zu bepflanzen.
Ein Zeitpunkt für diese Darmbachoperation,
die nichts mit der geplanten Offenlegung des Baches ab
Woog durch die Innenstadt zu tun hat, steht noch nicht
fest. Steyer hat bei der jüngsten Zusammenkunft
mit Gründezernent Horst Knechtel, bei der es um
die Suche von möglichem Ersatzgelände für
die Kleingärtner gegangen ist, den Bürgermeister
so verstanden, dass die Kleingärten erst dann für
einen im Tageslicht fließenden Darmbach geopfert
werden, wenn die TU Anspruch auf das Kleingartengelände
erhebt und dort bauen will. Damit in einer gemeinsamen
Planung die bestmögliche Gestaltung des Geländes
erfolgen könne.
Harald Fink, Pächter einer der Gärten,
fordert seinen Vereinsvorstand auf, mehr für den
Erhalt der Kleingartenanlage zu kämpfen. „ Solange
es für die TU noch so viele Baumöglichkeiten
auf der Lichtwiese gibt, sollte gar nicht in Betracht
kommen, an das Kleingartengelände als Bauplatz zu
denken.“ Fink denkt vor allem an die älteren
Kleingärtner. „Wenn die über Sechzigjährigen
hier weg müssen, gibt es für sie an einem anderen
Platz wohl keinen Neuanfang.“
Quelle: 17.10.02 Darmstädter Echo
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